Neue Wege der Zulassung zum Priesteramt
Die Aussprache offenbart einen deutlichen Wandel in der
Einstellung zum zölibatären Leben: Während sich früher die
Umgebung gefreut habe, wenn sich ein junger Mann für den
Lebensweg des Priesters entschied, stünden die
Priesteramtskandidaten heute unter einer Art
Rechtfertigungszwang. Vielfach wird in unserer Gesellschaft der
Zölibat für nicht mehr lebbar gehalten. Hinzu kommt, daß auch
viele Gemeinden für junge Menschen, die sich zum Priestertum
berufen fühlen, keine Stütze mehr sind. Die evangelischen Räte,
so wird betont, können aber nur in einer ,,Wir-Entscheidung``
verwirklicht werden. Niemand könne sie aus eigener Kraft leben.
Sodann kommen in der Debatte die Vorzüge, aber auch die
Nachteile des zölibatären Priestertums zur Sprache. Generalvikar
Feldhoff betont, daß der Zölibat auch heute lebbar sei; nicht so
sehr die Weltpriester als vielmehr Ordensleute scheiterten
häufig an ihrem Ehelosigkeitsversprechen. Treue sei heute
überhaupt schwieriger zu leben. Ein Delegierter mahnt, nicht mit
der ,,Abrißbirne über dem Zölibat herumzufuchteln``; man müsse
vielmehr genau hinsehen, unter welchen konkreten Bedingungen die
Priester den Zölibat heute leben müßten. Dabei dürfe man nicht
immer nur mit Defiziten argumentieren. Eine Frau bekundet ihre
Hochachtung vor zölibatär Lebenden, befürwortete aber die
Abschaffung des Pflichtzölibats, um die freiwillige Ehelosigkeit
aufzuwerten. Ein Priester
argumentiert, Verzicht gehöre unabdingbar zum Christentum, auch
wenn er schwerfalle. Dagegen wird eingewandt, daß zur Linderung
der seelsorglichen Not vieler Gemeinden mehr Priester in die
Gemeinden geführt werden müßten, gegebenenfalls auch auf neuen
Wegen. So sehr die Ehelosigkeit eine Bereicherung für die Kirche
sei, müsse doch zuerst die Seelsorge gewährleistet werden.
Prälat Michel von der Hauptabteilung Weltkirche weist darauf
hin, daß - weltkirchlich gesehen - in Deutschland höchstens von
einem sehr relativen Priestermangel gesprochen werden könne. In
Brasilien etwa wären ,,Viri probati`` ein Fortschritt für die
Personalsituation; man dürfe aber nicht übersehen, daß damit
ganz neue Probleme anfingen. Von seiten der Hauptabteilung
Seelsorge Personal wird darauf verwiesen, daß in den letzten
neun Jahren im Erzbistum Köln nur 32 der rund 1.200 Priester von
ihrem Amt zurückgetreten seien. Die Aufhebung des Zölibats sei
kein Allheilmittel. Auch mit mehr Priestern müßte sich in den
Gemeinden sehr viel ändern. Ist denn schon alles getan, um den
Zölibat verständlich zu machen, fragt eine Delegierte. Man solle
diese Lebensform doch nicht nur deshalb aufgeben, weil sie
derzeit in unserer Gesellschaft nicht verstanden werde. Mehrere
Priester äußern, daß sie diese Lebensform für sich als
angemessen und bereichernd empfinden; andererseits stelle sich
die Frage: Beschränkt sich Gottes Berufung zum priesterlichen
Dienst in der Kirche wirklich nur auf Ehelose?
Abschließend stellt Kardinal Meisner die Frage zum Meinungsbild.
,,Glauben Sie, daß uns in Zukunft nicht mehr genügend
zölibatäre Priesterberufungen geschenkt werden, so daß andere
Zugangswege zu eröffnen wären¿`
Mit ,,Ja`` antworten 111 (74,4 Prozent),
mit ,,Nein`` 26 (17,4 Prozent),
es enthielten sich 12 (8 Prozent).